Mittwoch, 8. August 2012

What happiness means to me

Eigentlich sind mir Menschen, die Jahrestage zelebrieren, suspekt. Ich kann damit nichts anfangen. Also ich meine jetzt nicht Geburtstage oder Jubiläen wie 40 Jahre Bundesliga und solche Dinge. Sowas finde ich ganz wunderbar, man soll die Feste feiern, wie sie fallen und ich feiere immer gerne. Ich meine Pärchen, die am besten noch jeden Monat den Tag ihres Zusammenkommens, ihres ersten Kusses, ihres ersten Dates, ihres Kennenlernens, ihrer ersten gemeinsamen Pizza und was weiß ich nicht für einen Schrott feiern. Das mag daran liegen, dass mir jeglicher Sinn für Romantik fehlt oder mein Zahlengedächtnis nur für Geburtstage reicht, man weiß es nicht. Auf jeden Fall habe ich mit der Pubertät auch diesen Jahrestagswahn hinter mir gelassen und wenn ich ehrlich bin, kann ich mit Sicherheit kein einziges konkretes Datum mehr benennen, was meine Verflossenen betrifft. Ich kann es grob eingrenzen, ja; das Ende meist besser als den Anfang, aber mehr nicht. Ist ja auch nicht nötig.

Und jetzt? Jetzt sitze ich hier und möchte was schreiben wegen eines Jahrestages. Völlig absurd, aber ja, ich habe das Bedürfnis zu feiern. Leider bin ich gerade in Berlin (naja, bedingt leider^^) und habe diesen Beitrag vorformuliert und mit Veröffentlichungsdatum versehen und so Gott will, wird er also am Mittwoch Abend in diesem Blog erscheinen - jedenfalls ist es u.a. durch diese Abwesenheit nicht möglich, den Jahrestag mit der entsprechenden Person zu begehen. Ich bin auch nicht gut im Komplimente verteilen, insofern kann ich der Person das hier auch nicht unbedingt ins Gesicht sagen. Natürlich könnte ich es ihr schreiben, aber ich möchte es ja feiern und deswegen schreibe ich es hier. Weil ich Euch daran teilhaben lassen möchte, weil ich denke, dass diese Geschichte vielleicht den ein oder anderen zum Nachdenken bringt und eventuell widerfährt Euch dadurch ja auch so etwas Wunderbares wie mir. Außerdem würde es glaube ich ohne diese Person diesen Blog vermutlich nicht geben und wenn doch, so würde es auf jeden Fall "Kate beVegt was" nicht geben, insofern gehört diese Geschichte einfach hierher.

Heute vor exakt einem Jahr (ein Glück, dass es zufällig der 8.8. war, das kann selbst ich mir merken) hatte ich eine ziemlich dämliche Idee. Ich hegte seit Wochen einen Groll gegen einen Herrn, der die Begabung hatte, mir allein durch seine Anwesenheit auf den Senkel zu gehen wie kaum ein anderer. Ich kannte ihn seit Jahren von der Uni, schaffte es aber, ihn jahrelang zu meiden - bis letzten Sommer. Da sah ich mich ihm unfreiwilligerweise wieder ausgesetzt und ich konnte ihm nicht entkommen. Er beließ es nicht dabei, mir allein durch seine Anwesenheit und seine arrogante Art auf die Nerven zu gehen, sondern wir gerieten auch noch persönlich aneinander, was für mich das Faß zum Überlaufen brachte. Glücklicherweise war das vorerst unsere letzte Begegnung und alles hätte gut werden können. Aber ich grollte derartig vor mich hin, dass es wochenlang an mir nagte und ich das Bedürfnis hatte ihm zu zeigen, dass er bei weitem nicht so toll ist, wie er sich vorkam. Ich bin normalerweise nicht so ein HB-Männchen, nicht, dass ein falscher Eindruck entsteht, aber hier kamen einfach jahrelang aufgestaute Aggressionen an die Oberfläche.

Am Abend des 8.8. hing ich also hinter meinen Unibüchern und konnte mich nicht mehr auf meine Hausarbeit konzentrieren. Meine Gedanken schweiften umher und der Ärger gegen ihn stieg wieder in mir hoch. Bevor ich es mir anders überlegen konnte, schrieb ich ihm eine Mail und bat recht provozierend um ein Treffen. Nicht, dass ich Sehnsucht gehabt hätte, weiß Gott nicht, aber ich wollte diesem arroganten Schnösel zeigen, dass ich die Frau seiner Träume sein könnte, nur um ihn dann abblitzen zu lassen, sobald er Interesse hat, damit seine Arroganz gebrochen wird und er sieht, dass er nicht jede haben kann. Ich weiß, das klingt jetzt wie eine billige Hollywoodstory und ich bin eigentlich überhaupt nicht so, deswegen habe ich die Mail auch ganz schnell abgeschickt, bevor ich es mir anders überlegen konnte. Als kurz danach Antwort kam, habe ich mir fast in die Hose gemacht, ich hatte gar nicht damit gerechnet, dass er am Rechner wäre um die Uhrzeit und war mir nicht sicher, ob er überhaupt reagieren würde und wenn ja, ob er mich nicht sofort vernichten würde. Mit einem gefühlten "Ruhe"puls von 200 öffnete ich die Mail und durfte feststellen, dass er mich keineswegs vernichtete, sondern mein Plan aufzugehen schien und feierte mir einen. Es flogen ein paar Mails hin und her und wir konnten uns nicht direkt treffen, weil er gar nicht im Lande war, aber so schrieben wir halt ein bisschen.

Nach dem ersten Tag war ich noch sehr überzeugt von meinem Plan und freute mich diebisch, es diesem arroganten Sack endlich heimzahlen zu können. Am zweiten Tag war ich sehr überrascht, dass sich bei diesem Schnösel eine mir bis dato verborgene, sehr unterhaltsame Art offenbarte und konnte es kaum erwarten, wieder Antwort zu bekommen. Am dritten Tag war ich so begeistert von ihm, wie nett und unterhaltsam er ist und wie viele Interessen wir teilen, dass ich anfing mit mir selbst zu verhandeln, ob es nicht möglicherweise reichen würde, ihm erst nach dem 3. - 5. Treffen statt nach dem ersten abzuservieren, um doch noch ein bisschen mehr Spaß zu haben. Gleichzeitig stieg der Ärger über mich selbst, weil ich das Gefühl hatte, ihm auf den Leim zu gehen und mich unprofessionell gegenüber meiner Ursprungsintention zu verhalten. Nach zwei weiteren Tagen wollte ich von meiner Ursprungsintention nichts mehr wissen und hatte das Gefühl, einen der wunderbarsten Menschen überhaupt kennengelernt zu haben. Es stellte sich natürlich weiterhin die Frage, ob ich zuvor jahrelang völlig wahrnehmungsgestört war oder binnen weniger Tage vollends den Verstand verloren hatte.


Auf jeden Fall gab ich in den Kampf auf und musste mir eingestehen, dass dieser von mir seit Jahren verachtete, arrogante, humorlose, langweilige Schnösel mit seiner nervigen, penetranten, ironischen Art offenbar in keinster Weise der war, für den ich ihn jahrelang gehalten hatte. Stattdessen hatte ich es plötzlich mit einem wunderbar offenen, sensiblen, hochintelligenten Mann zu tun, der mich faszinierend gut durchschaute/kannte und mit dessem grandiosen ironischen Humor ich voll auf einer Wellenlänge schwamm. In gewisser Weise der, den ich immer gesucht hatte und den ich doch ganz bestimmt nie dort gesucht hätte, wo ich ihn gefunden habe. So kam diese Erkenntnis denn auch leider ein wenig zu spät, wie wir schnell feststellen mussten...


Und so schien es, als solle diese wunderbare Freundschaft, oder was immer es auch gewesen sein mag, schon nach einer Woche ihr Ende finden müssen. Wäre es so gekommen, es wäre eine der schönsten Wochen meines Lebens gewesen und mit Sicherheit die, in der ich am meisten über mich selbst gelernt hatte. Aber irgendwie mochte ich es nicht akzeptieren und so ging es in die Verlängerung. Es ging eine weitere Woche, dann das erneute Ende, scheinbar endgültig, noch viel schmerzhafter als das erste. 

Was für mich blieb, waren Erkenntnisse und ein erweiterter Horizont. Man sollte die Menschen nicht nach ihrer Fassade beurteilen, auch wenn man diese jahrelang kennt. Man sollte seine eigene Menschenkenntnis hinterfragen, auch wenn man sie für gut hält. Man sollte das Experiment wagen und sich gerade mal auf die Menschen einlassen, die einem ganz besonders furchtbar erscheinen. Ich habe es seit letztem Sommer spaßeshalber öfters gemacht und habe so schon viele interessante Menschen kennengelernt. Ich habe mich auch auf Dinge eingelassen, die mich bis dahin genau gar nicht interessiert haben und gemerkt, dass fast alles seinen Reiz haben kann, wenn man sich nur darauf einlässt und man von seiner eigenen Arroganz runterkommt.


Außerdem habe ich gelernt, mich selbst zu mögen und an mich zu glauben. Ausgerechnet der Mann, den ich zwei Wochen zuvor noch am liebsten auf den Mond geschossen hätte, schaffte es, alle über ein Vierteljahrhundert sorgfältig gesammelten Selbstzweifel mit einem Schlag hinwegzuwischen und mich davon zu überzeugen, dass man alles schaffen kann, wenn man es nur versucht - sei es untrainiert einen Halbmarathon zu laufen, Latein oder eine Stadt am Leben zu erhalten.


Ich weiß, Du willst das nicht hören, aber Du kannst ja einfach so tun, als hättest Du das hier nie gelesen... ;-)
Ich möchte trotzdem danke sagen. Danke, dass es doch ein Jahrestag geworden ist und nicht nach diesen zwei Wochen vorbei war. Danke, dass ich hinter die Fassade blicken durfte, auch wenn ich Jahre zu spät erkannt habe, was sich dahinter Wundervolles verbirgt. Danke, dass Du mir meine Ignoranz (und vielleicht auch meine Arroganz) nicht übel genommen hast. Danke, dass ich es nie bereuen musste, ehrlich zu Dir gewesen zu sein. Danke, dass Du die richtigen Worte gefunden hast oder auch zur richtigen Zeit einfach geschwiegen hast. Danke für einfach alles - ich bin so wahnsinnig froh, Dich kennengelernt zu haben.
Das Schlusswort überlasse ich Amy - und bevor Du jetzt wieder was wegen des Akzents denkst - keine Sorge, Du wirst verstehen...

   

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