Donnerstag, 3. Januar 2013

Was wollen wir trinken? Tag 5: Reiner Wein eingeschenkt - Interview mit Dr. Olaf Nitzsche

Schon öfter habe ich mitbekommen, wie eine Diskussion aufkam, was denn an Biowein besser sein solle bzw. wo der Unterschied liegt und auch über veganen Wein gibt es einige Mythen. Deswegen freue ich mich sehr, dass ich die Chance habe, ein wenig zur Aufklärung beitragen zu können, ohne mich selbst als wirklichen Weinkenner bezeichnen zu wollen. Das ist auch gar nicht nötig, denn ich hatte die Chance, einen Mann zu interviewen, der wirklich vom Fach ist und mir alle meine Fragen geduldig beantwortet hat. Vielen Dank dafür an Dr. Olaf Nitzsche, den Gründer von Biowein erlesen, einem Onlineweinhandel, der sich auf Bioweine spezialisiert hat und wunderbarerweise auch ein riesengroßes Angebot an veganen Weinen und Sekt im Sortiment hat. Ich habe selbst schon die ein oder andere Köstlichkeit aus dem Sortiment probiert und Euch meinen veganen Lieblings-Rosésekt ja bereits vorgestellt. Morgen dürft Ihr Euch auf einen ebenfalls wunderbaren veganen Rotwein freuen, soviel sei bereits verraten.

Nun gibt es nach den ganzen Leckereien der letzten Tage aber mal was zu lesen und nicht zu trinken, schließlich muss man auch mal einen Tag Pause machen. Ich denke aber, dieses informative Interview ist mehr als nur ein Pausenfüller und am Ende habe bestimmt nicht nur ich so Einiges dazugelernt, sondern auch ihr habt demnächst noch ein paar Argumente mehr in der Tasche, wenn mal wieder jemand eine Diskussion anzettelt. ;-)


Kate: "Hallo Herr Dr. Nitzsche, vielen Dank, dass Sie mir für dieses kleine Interview zur Verfügung stehen, nachdem ich schon von Ihrem leckeren Weinangebot von Biowein erlesen kosten durfte. Vielleicht möchten Sie sich und Biowein erlesen meinen Lesern kurz vorstellen. Wie lange gibt es Biowein erlesen schon, wofür stehen Sie und was hat Sie bewogen, Biowein erlesen zu gründen?"

Dr. Olaf Nitzsche: "Den Bioweinhandel biowein-erlesen habe ich vor etwa 5 Jahren gegründet. Ich hatte damit die einmalige Chance Hobby und Beruf zu verbinden. Die Begeisterung für Wein ist bei mir schon lange vorhanden. Die Vielfalt der Weine, die weltweit aus den Beeren ein und derselben Pflanzenart erzeugt werden, das finde ich faszinierend. Als Agrarwissenschaftler und Bodenkundler liegt mir der biologische Weinbau besonders nahe, da gerade bei der Weinerzeugung die Unterschiede zur konventionellen Erzeugung sehr groß sind. Etwas zur Förderung dieser nachhaltigen Bewirtschaftungsweise zu tun, war ein starker Beweggrund für die Gründung von biowein-erlesen. Und es macht Spaß immer tiefer in die Welt des Bioweines „einzutauchen“, im Kontakt mit Winzern und Weinfreunden."

K: "Es gibt ja immer wieder Menschen, die sich fragen, was an Biowein besser sein soll als an konventionellem Wein. Eine Antwort von Experten könnte dies jetzt ein für alle Mal klären..."

O.N.: "Um es gleich vorweg zu sagen: Biowein muss nicht besser schmecken, als konventioneller Wein, aber die Chance, dass er besser schmeckt ist sehr groß.
Biowinzer verzichten z.B. auf synthetische Pestizide und auf Kunstdünger. Um trotzdem gesunde und reife Trauben zu ernten müssen Biowinzer den Ertrag sehr stark reduzieren. Und dies ist genau die wichtigste Maßnahme, die auch alle Spitzenwinzer durchführen um beste Weine zu erzeugen. Das Ergebnis sind gehalt- und geschmackvollere Trauben. Wenn der Biowinzer jetzt noch sein Handwerk im Weinkeller beherrscht, dann entstehen Weine, die besser und lebendiger sind als konventionelle Weine. Und das ohne Pestizidrückstände."

K: "Kommen wir auf Ihr Sortiment zu sprechen. Wie viele Weine bieten Sie eigentlich an und kann man bei Ihnen nur Wein kaufen, oder geht Ihr Angebot darüber hinaus?"

O.N.: "Derzeit umfasst mein Sortiment etwa 350 verschiedene Bioweine und Biosekte, schwerpunktmäßig aus Deutschland und Österreich und aus Europa; dazu ein paar Weine aus Übersee. Andere Produkte biete ich nicht an, da der Bioweinmarkt inzwischen schon erfreulich groß und vielfältig ist und ich der Überzeugung bin, dass es nur bei dieser klaren Ausrichtung machbar ist, die Übersicht zu behalten und höchste Qualität anzubieten."

K: "Nach welchen Kriterien wählen Sie die Weine aus, die Sie bei Biowein erlesen anbieten?"

O.N.: "Das erste Kriterium ist, dass es sich um einen Biowein handelt. Dann muss der Wein natürlich schmecken. Das bedeutet probieren, probieren, probieren…Nur Weine, die ich überzeugend finde kommen in die engere Wahl. Da Geschmack aber natürlich sehr subjektiv ist, versuche ich mich bei der Auswahl auch in meine Kunden hineinzuversetzen, um ein relativ breites Sorten- und Geschmacksspektrum anbieten zu können. Von trocken bis lieblich, von fruchtig bis mineralisch, von leicht bis kräftig. Letztendlich spielt natürlich auch der Kontakt zum Winzer eine sehr große Rolle. Glaubwürdigkeit und Engagement für den biologischen Weinbau sind mir da sehr wichtig."

K: "Das hört sich alles sehr gut an. Ich habe meinen ganz persönlichen Lieblingswein ja bereits unter der Auswahl gefunden und werde ihn morgen hier vorstellen – würden Sie mir denn auch Ihren verraten? Vielleicht kann ich da ja noch ein ganz neues Schätzchen entdecken."

O.N.: "Mein persönlicher Lieblingswein wechselt mit Jahreszeit und Stimmung durchaus öfter. Aber im Weißweinbereich zähle ich derzeit die Rieslinge vom Weingut Clemens Busch von der Mosel zu meinen Favoriten. Was man aus der Rebsorte Riesling an Vielfalt herausholen kann, das zeigt Clemens Busch mit seinen Lagenweinen in Perfektion!
Beim Rotwein habe ich gerade ein unerwartetes Schätzchen gefunden. Einen Spätburgunder aus Rheinhessen vom Weingut Hemer. Im Barrique ausgebaut, aus dem sehr guten Jahrgang 2009. Eine Qualität, die man eigentlich eher aus dem Burgund erwarten würde. Ein Wein zum Genießen und Träumen am Abend, bei Kerzenschein."

K: "Sie haben auch vegane Weine im Angebot, was für mich natürlich das entscheidende Kriterium war. Könnten Sie für die nicht-veganen Leser kurz erläutern, was einen veganen von einem nicht-veganen Wein unterscheidet?"

O.N.: "Der Unterschied liegt in der Verwendung von sogenannten Schönungsmitteln. Diese werden dem Wein zugegeben um die Trübstoffe zu binden, damit sie dann besser abfiltriert werden können. So soll erreicht werden, dass der Wein in der Flasche schön klar ist. Gängige Schönungsmittel sind zum Beispiel Gelatine, Casein oder Eiklar. Als Alternative bietet sich z.B. Bentonit an, eine Tonerde, die dem gleichen Ziel dient, wie die tierischen Hilfsstoffe.
Darüber hinaus kann der Winzer auch ganz auf die Schönung verzichten. Das erfolgt meist bei Weinen die sehr lange im Fass gelagert werden und dann im höheren Preissegment angesiedelt sind."

K: "Eine letzte Frage habe ich noch... Glauben Sie, es besteht eine Hoffnung, dass irgendwann alle Weine vegan sind? Was hält Winzer davon ab, ihre Weine vegan anzubieten?"

O.N.: "Ich glaube nicht, dass es dazu kommen wird, dass alle Weine vegan sind. Die verwendeten tierischen Hilfsstoffe sind für den Menschen prinzipiell nicht schädlich, darüber hinaus erfüllen sie Ihren Zweck in der Weinbereitung recht gut und kostengünstig. Insofern stellt sich für viele Winzer, gerade bei der Erzeugung von günstigeren Weinen, die Frage nach einem Verzicht auf diese Stoffe gar nicht.
Umso wichtiger finde ich es, dass die verwendeten Zusatz- und Hilfsstoffe auch beim Wein klar deklariert werden. Und wenn es schon nicht per Gesetz auf der Flasche klappt, dann zumindest im Handel, um für den Kunden Wahlfreiheit zu gewährleisten."

K: "Vielen Dank für das Interview!"

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